Berufspolitik

                             ANSPRACHE

Seit dem Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes und mit der Gründung der Kammern für psychologische Psychotherapeuten (PP) und Kinder-und Jugendlichen Therapeuten (KJP) befindet sich die berufspolitische Szene der PP´s in einem ständigen Umstrukturierungsprozess. Das Psychotherapeutengesetz hat einige Webfehler vor allem in puncto der Legaldefinition (§1) und den Definitionen und Grundlagen der Ausbildung. Zur Zeit läuft, nachdem das BMG ein Forschungsgutachten in Auftrag gegeben und veröffentlicht hat, (Forschungsgutachten), eine breite Diskussion zur Reform der Ausbildung zum Psychotherapeuten. Inzwischen wird unter dem Namen Direktausbildung eine grundsätzliche Neuorientierung im Zugang zum Psychotherapeuten-Sein angestrebt: Eine universitäre Grundausbildung Psychotherapie, die dann in eine vom Berufsstand begleitete/Überwachte Weiterbildung mündet, die erst zur Kassenzulassung führt.

Auf der sozialpolitischen Ebene, der sog. vertragsärztlichen Selbstverwaltung, findet eine engere Zusammenarbeit mit den Ärzten, hier natürlich in einem besonderen Maße mit den psychotherapeutisch tätigen Ärzten, statt. Ein Vorgang, der durchaus für beide auch sehr fruchtbar ist.

Hier sind die PP´s aber auch mit ständigen Versuchen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) auf regionaler Ebene und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) auf Bundesebene konfrontiert, die berufliche Identität des nun endlich gesetzlich benannten `neuen´, doch schon alten Berufsstandes auf ihre medizinische Definition zurechtzustutzen. Das bezieht sich nicht nur auf Honorarfragen und Fragen der Organisation der Niederlassung (PP´s haben hier ganz andere Notwendigkeiten und Selbstverständnisse als medizinische Praktiker). Die´Richtlinien´ zur Durchführung von Therapie werden hauptsächlich durch das medizinische Modell (Medizinisch-pharmaindustrieller Komplex, Verwaltungs- und Organisationsdenken der Krankenkassen) bestimmt. Diese engen die langjährig erprobte und auch wissenschaftlich begleitete Kreativität der psychologischen Therapie auf die drei Altverfahren Psychoanalytische Therapie, Tiefenpsychologie und Verhaltenstherapie ein. Noch diese selbst verengen dabei ihre ebenfalls methodenübergreifend gewachsene Gestalt auf durch und durch unpsychologische Weise. In der jetzt geführten Diskussion wird aber vertieft über die Zulassung ('mit Strukturqualität') der (bisher) Nicht-Richtlinienverfahren Systemische Therapie und Humanistische Psychotherapie (HP) nachgedacht. Auf der Berufspolitischen Schiene (Hier ist der Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie - WBP- massgeblich) sind die Systemische und die Gesprächspsychotherapie (GT) bereits zugelassen. Die GT gehört als Vorgehnsweise neben der Transaktionsanalyse, der Gestalttherapie, der Logotherapie bzw. Existenzanalyse, der Körperpsychotherapie, dem Psychodrama zur HP. Diese sind alle bereits jahrzentelang entwickelte und erprobte Psychotherpieverfahren und in der Versorgung unverzichtbar. Hierfür hat die AGHPT (www.aghpt.de) beim WBP einen Antrag auf Anerkennung gestellt

(Zu Fragen in diesen Zusammenhängen siehe auch die Texte in der nachfolgenden `Berufspolitischen Diskussion´ ).

Die Kammern bilden ein stärkeres öffentliches, mit der Macht der Beauftragung durch die politische Verwaltung versehenes Gegengewicht. Hier kann der Berufstand der PP´s  seine eigene Identität wiederfinden und neugestalten. Ein weiterer Baustein ist der Zusammenschluss aller Länderkammern auf Bundesebene - die Bundespsychotherapeutenkammer. Dies wird dabei aber nicht ohne den Lobbyismus der Berufsverbände auskommen ( ähnlich wie bei den Ärzten etwa der Marburger Bund oder die diversen Berufsverbände der ärztlichen Sparten - wie z.B. die starken Berufsverbände der Psychiater oder der Ärzte für psychotherapeutische Medizin). Denn die Kammer ist eine an die Vorgaben der politischen Verwaltung gebundene öffentlich-rechtliche Einrichtung. Es gilt aber die Interessen der vielfältigen Gruppierungen der PP und KJP zu unterstützen und sicherzustellen, wie z.B. die Interessen der Niedergelassenen, Angestellten und Beamten, Kinder- und Jugendlichentherapeuten, der Fachgruppierungen ( `Die psychologische Methodenvielfalt und -kreativität´! ), der Solidarität der ehemaligen Delegationspsychologen und ehemaligen Kostenerstatter(die jeweils ganz unterschiedliche Erfahrungen und Philosophien einzubringen haben) , damit sich diese angemessen, solidarisch und sich-integrierend, weiterentwickeln können.

Sicher erscheint die Vielzahl aus alter Zeit überkommener Berufs- und Fachverbände schon allein wegen der Mitgliedsbeiträge auch für die Kammern und die KV  hoch und es wird hier im weiteren Verlauf der psychotherapeutischen Historie zu Veränderungen und zu Zusammenschlüssen kommen. Jedoch wird das seine Zeit brauchen, weil es  tatsächlich bestehende Interessenunterschiede gibt, die nichts mit Festhalten der Funktionäre an ihren Posten zu tun haben (Die bringen ja weder finanziell, noch ehrenhalber viel!). Und jeder Kollege sollte sich da nicht vorschnell wohlfeilen Anwürfen anheimgeben. Die Verbändevertreter sind hier meist die falschen Adressaten, auch wenn sie Fehler machten und machen. Aber Angriffe auf sie heilen nicht die durch das Verhalten von KV, Politik und Krankenkassen erlittenen Verletzungen. Vielmehr sollte sich jeder überlegen, wofür er/sie jetzt Unterstützung braucht, wo gar er/sie nochmal selbst aktiv werden kann, um die dünne Decke der `Funktionäre´in Richtung der selbst gewünschten Politik zu verstärken. Und schauen, wo in der Verbändelandschaft am ehesten die Vielzahl oben genannter genuiner Interessen am besten und am weitesten vertreten werden.

 

 

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Letzte Aktualisierung      03.12.2010

 

 

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